Vorbereitung für die Straßen dieser Welt

Wir beschließen  die Fahrt nach Marrakesh über eine Piste abzukürzen. Zuvor hatten wir in Quazzasat einen kurzen Übernachtungs- und Einkaufsstop eingelegt. 

Allerdings will die Asphaltstraße nicht enden. Peter ist traurig, da er auf etwas offroad-Fahrerei gehofft hatte. Aber die Landschaft entschädigt. Es ist mittlerweile verrückt, wo in Marokko überall Straßen durchgezogen werden und vor allem auch noch in guter Qualität. So schlängeln wir uns easy immer weiter rauf in Richtung Pass, als dann doch die Straße in Piste übergeht. Peter sitzt am Steuer und hat seinen Spaß. Nach einer guten Zeit stelle ich meine Ansprüche an mit Robbie durch die Gegend zu reiten, kurz vor einer Brücke wechseln wir. Die Piste ist staubig aber absolut unproblematisch zu fahren. Je näher wir Marrakesh kommen nimmt der Verkehr zu und die Qualität der Piste immer mehr ab. Ich wundere mich noch über den vielen Baustellenverkehr. Die Straße wird  kurviger je höher wir kommen. Mal ist es enger, mal einen Hauch breiter, dazu viele LKWs auch im Gegenverkehr, offensichtlich gab es viele Felsabgänge im Atlas, die nun wieder geräumt werden müssen. Teilweise ist die Piste total zerstört, rumpelig, es staubt gewaltig, die Sicht ist durch die tiefstehende Sonne eher ungut. Die Fahrerei ist für mich sehr ungewohnt, da ich nicht wirklich erfahren bin sehr steile Kurven hoch oder runter zu fahren und dann mehr oder weniger noch offroad und mit viel Verkehr auf engen Bergpisten. Es wird immer brutaler, vor allem runter, Bremse, Gas, voll einlenken. Ich bekomme an einigen Stellen innerlich gewaltiges Fracksausen, nehme mich aber zusammen, lasse keine Angst hochkommen. Die Abhänge sind heftig, an der Seite geht es 50-100 Meter steil ab, hier zu schnell in die Kurve und aus die Maus.  

Peter gibt mir glücklicherweise immer wieder gute Tipps wie ich die Kurven sicher fahren kann. So langsam läuft es dann auch. Die Fahrt gestaltet sich schön abenteuerlich, Trucks überholen sich gegenseitig, und es scheint irgendwie alles gut zu funktionieren als auch ich und Robbie irgendwann mitfließen. Es fängt langsam an Spaß zu machen und mehr und mehr gewöhne ich mich an diese Fahrsituation und erkenne, dass es gar nicht so chaotisch zugeht und der Verkehr hier oben seine eigenen Regeln hat. Bislang war ich in Deutschland mehr oder weniger immer nur „geradeaus“ gefahren, easy peasy Fahrerei, auf guten Straßen im geregelten Verkehr, so ist es hier doch ganz anders. Meistens sind die Straße sehr kurvig und die gemäßigte Asphaltierung  hat keinen Seitenstreifen und man tunlichst aufpassen muss, dass man nicht plötzlich im Kiesbett landet. Mit einem voll beladenen Reisefahrzeug wäre das fatal. Auch begegnen uns immer wieder Schlaglöcher, Menschen, Eselskarren oder Fahrradfahrer, die in gleicher Weise wie wir die Straße oder Piste nutzen wollen. Eine sture deutsche oft viel zu schnelle und rücksichtslose Fahrweise wäre hier völlig unangebracht. So muss ich mich in den ersten Tagen sehr konzentrieren, aber ich gewinne immer mehr Vertrauen und Mut. 

Gerade die offroad-Fahrerei tut mir gut, da ich mich immer wieder an unterschiedliche Fahrsituationen gewöhne und Robbie und ich uns Meter für Meter besser verstehen. Sie macht was ich will und kann einiges im Gelände und verzeiht mir auch kleine Fahrfehler. 

Wir fahren Sand; Wellblechpisten; Bergpässe runter oder hoch; Steine werden brav umfahren, da ich Robbie’s Reifen nicht verletzen darf; dann wieder enge Kurven; dann steige ich auch mal aus, gucke und fahre weiter, mal haut es mich ins Schlagloch rein, so dass unsere Ladung gewaltig scheppert, ....alles recht ungewohnt für den normalen deutschen gesitteten Autofahrer wie mich. Eine gute Schule für kommende Fahrsituationen auf den Straßen dieser Welt. Da Peter und ich uns einig sind, dass wir beide auf der Reise fahren, muss auch ich mich an solche ungewöhnlichen Situationen immer wieder herantrauen. Ein langsames Herantasten macht absolut Sinn, nicht zu ungeduldig sein, sich ans Auto im voll beladenen Zustand gewöhnen, sein eigenes Tempo finden. Wenn ich müde werde, die Konzentration nachlässt springt Peter ein, da er mit ungewohnten Fahrsituation gut klar kommt und darin auch besser geübt ist. Aber lernen, lernen, lernen ist meine Devise, ist wie Fahrschule, und irgendwann funktioniert es dann.  Geländewagen können von uns Frauen offroad genauso gut und sicher gefahren werden wie von Männern. Es ist nur oft so, dass wir uns in ungewöhnlichen Situation nicht so recht trauen. Allerdings sollte man seine persönlichen Grenzen kennen. Bei mir ist es die Sicht, ein Handikap, das mich seit meiner Geburt einschränkt, gerade beim Autofahren, besonders in der Nacht und bei dunklen bzw. verhangenen  Sichtverhältnissen am Tag. Seit dem Beginn meiner Fahrkarriere weiß ich, dass ich mich aufgrund dieses Handicaps bei Geschwindigkeiten zurückhalten und absolute Dunkelheit meiden muss. Auf einer Overlandingreise kann man dies aber durch eine einfache, aber wichtige Regel vermeiden: nie nach Dunkelheit fahren bzw. frühzeitig das Nachtquartier suchen und nie hudeln. Alles eine Frage der Vorbereitung, um gefährliche Situationen auf Straßen in unbekannten Ländern möglichst zu vermeiden. 

 

Also traut Euch ruhig mal ran an die ungewöhnlichen Fahrsituationen. Mich hat es auch etwas Überwindung gekostet. Wenn es zunächst Unbehagen macht, fahrt erst lieber kurze Strecken, oder auf leichteren Pisten offroad. An die Straßen und an den Verkehr im außereuropäischen Ausland muss man sich durchaus gewöhnen und lernt auch mit Euren Handicaps umzugehen. Ihr werdet merken, das das Reisemobil auch in ungewohnten Situationen mehr kann als ihr denkt und es auch mehr Spaß macht als immer nur „geradeaus“ zu fahren. Stay tuned wirh us. 

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